Erste Erklärungen im MDR am 10.01.2006 lassen dies vermuten. Erschreckend ist die Stellungnahme des Chefs der Betreibergesellschaft Leipzig. Er sieht vereinfacht und zusammengefaßt keinen Handlungsbedarf und will erst mal abwarten, wie die Auseinandersetzungen mit der Stiftung Warentest ausgehen. Das Stadion "sei absolut sicher". Das waren nicht nur unglückliche Formulierungen, das war eine Einstellung und Ausdruck von Inkompetenz, denn absolute Sicherheit gibt es nun einmal nicht. Das sollte man in dieser Position wissen. Es geht wohl vorerst weniger um die Sicherheit der Besucher als mehr um die Absicherung durch Verweis auf technische Normen, Standards und (widersprüchliche) Gutachten. Wenn die nun aber nicht mehr zeitgemäß sind oder sich der Besucher anders verhält, als vom Gutachter angenommen? Die Sicherungskonzeption hat hinsichtlich der Fluchtmöglichkeiten in Paniksituationen in Stadien in der Regel zwei Möglichkeiten, sich nur auf eine zu konzentrieren, ist zumindest fahrlässig und läßt Verantwortungsbewußtsein vemissen. Die Stiftung Warentest sollte hinsichtlich ihrer Kompetenz - wenn sie sich schon auf einen kleinen Teibereich der Sicherheit konzentriert - sich nochmals intensiver mit den möglichen Panikreaktionen beschäftigen, nur von Panikflucht auszugehen, ist zu einseitig. Viele Opfer reagieren auch mit Panikstarre und dies erfordert ganz andere Lösungen.
Es geht in der jetzt folgenden Auseinandersetzung nicht primär um den Hals des Chefs einer besonders betroffenen Betreibergesellschaft, obwohl dieser wahrscheinlich überfordert ist, oder um die anderen Verantwortlichen, es geht um das Leben und die Gesundheit der Besucher. Daran sei nur erinnert. Zur tatsächlich ganzheitlichen Sicherheitslösung eines Stadions gehören neben den vorrangig kritisierten und wahrscheinlich zu einseitig betrachteten baulichen Lösungen für Paniksituationen und Terrorereignisse noch u. a. der klassische Objektschutz mit personeller Bewachung und Überwachungen sowie technischen Gefahrenmelde- und Schutzsystemen, der personelle und technische Veranstaltungsschutz, der Personenschutz für die VIP und Spitzensportler, der Schutz der Hochsicherheitsbereiche als autonome Zonen, der Havarieschutz, die sicherheitsrelevanten Verkehrs-, Versorgungs- und Transportlösungen, der Umweltschutz, der Datenschutz usw. Insoweit erfassen die Untersuchungen wahrscheinlich ohnehin nur Teilbereiche - zu einseitig oder schon erschreckend ausreichend? Auffällig ist allerdings, das über die Panikvermeidung und Panikregulierung nichts ausgesagt wird. Erinnert sei nur an die verhängnisvollen Fehler beim Düsseldorfer Flughafenbrand auf diesem Gebiet.
Es wird immer Risken geben, die als Restrisiken bei Großveranstaltungen zu akzeptieren sind. Ob dieser Zustand bereits erreicht ist, muss wohl noch angezweifelt werden, siehe auch 4) und 5). Dabei sind die personellen Risiken durch Abstriche an die Minimalbefähigung der Sicherheitskräfte noch gar nicht analysiert.
FIFA mahnt mehr Sicherheit bei Fussball-WM 2006 an - Kritiken berechtigt?
Nach Presseinformationen soll die FIFA bei den Organisatoren der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 eine Überprüfung von Sicherungskonzepten angemahnt haben. Ein derartiger Vorgang impliziert zwangsläufig, dass Sicherheitsmängel festgestellt wurden. Einige waren wohl auch weltweit im Fernsehen zu sehen. Wir sprechen hierbei allerdings nur über die noch bescheidenen Tests in den vergangenen Monaten. In der "heissen Phase" kommen dann noch ca. 1 Million ausländische Gäste und mehrere tausend begleitende Veranstaltungen hinzu. Allein in der Bundeshauptstadt Berlin sollen über 600 hochkarätig besetzte Veranstaltungen, die nicht in Verantwortung der FIFA stehen, von Sponsoren, globalen Unternehmen und deutschen Firmen parallel durchgeführt werden, oftmals mit den gefährdeten Personen, die in den Stadien besonders zu schützen sind. Für alle gilt es differenziert je nach Gefährdungslage Sicherheit zu schaffen und die Konzepte der Veranstaltungen einschließlich Unterbringung in das territoriale Gesamtkonzept der WM einzuordnen, denn es gibt viele Wege für Terroristen, organisierte Kriminelle und Stalker zum Ziel.
An dieser Stelle wurde bereits seit Anfang 2005 zweimal auf Probleme beim Sicherheitskonzept der Fußball-WM und deren Umsetzung hingewiesen. Zuerst ging es um eine zu hohe Verallgemeinerung, die Delegierung der Verantwortung auch auf Organisatoren, die bereits bei Bundesligaspielen Probleme hatten und um die nicht ausreichend integrierten privaten Sicherheitsunternehmen sowie zuletzt um Abstriche an die Qualifizierungsanforderungen der in den Stadien und den Vorbereichen eingesetzten privaten Sicherheitskräfte.
Die Zeit wird knapp!