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In­kom­pe­tent oder "nur" gierig und skru­pel­los? Bisher 21 Tote, über 500 Verletzte und eine große Anzahl trau­ma­ti­sier­ter Über­le­ben­der ver­pflich­ten zu einer sorg­fäl­ti­gen Ursachen- und Be­din­gungs­ana­ly­se dieser fol­gen­schwe­ren Panik und kausaler Abläufe, deren Ursachen bereits in der Si­cher­heits­kon­zep­ti­on zu liegen scheinen. Weiterhin sind natürlich gra­vie­ren­de Um­set­zungs­män­gel und fehlende Ei­gen­in­itia­ti­ve in Kri­sen­si­tua­tio­nen möglich und das beträfe dann Ver­an­stal­ter, die Polizei und ein­ge­setz­te private Si­cher­heits­diens­te. Zumindest führen eine erste Be­trach­tung von Videos, Bildern, Au­gen­zeu­gen­be­rich­ten und des Er­eig­nis­or­tes zu einem ent­spre­chen­den Verdacht. Die Teil­neh­mer­struk­tur einer Love­Pa­ra­de ist seit Jahr­zehn­ten bekannt, so man Er­fah­run­gen dazu aus­tauscht, sind diese auch nutzbar.

Si­cher­heits­kon­zep­te beginnen in der Regel mit einer Be­dro­hungs-​ und Ge­fähr­dungs­ana­ly­se zum re­le­van­ten Ereignis oder Schutz­ob­jekt. Bei Ver­an­stal­tun­gen mit ab­seh­ba­ren Ver­mas­sun­gen zählt die Prä­ven­ti­on und die vor­be­rei­te­te Be­kämp­fung sowie Re­gu­lie­rung von Paniken zum Kern einer Si­cher­heits­kon­zep­ti­on. Prä­ven­ti­on und Be­kämp­fung sind ei­gen­stän­di­ge Be­stand­tei­le des Konzeptes. Eine Mas­sen­pa­nik kann trotz sorg­fäl­tigs­ter Vor­be­rei­tung einer Ver­an­stal­tung nicht voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen, wohl deren Verlauf aber be­ein­flusst und reguliert werden. Dazu verfügt die Polizei unter anderem über das Ge­walt­mo­no­pol und ho­heit­li­che Rechte, um er­for­der­li­chen­falls operativ not­wen­di­ge Hand­lun­gen im Interesse der öf­f­ent­li­chen Si­cher­heit zwingend vornehmen zu können. Auch da scheint es wohl Defizite zu geben? Die ge­gen­sei­ti­gen Vorwürfe zwischen Polizei, Feuerwehr und Si­cher­heits­diens­ten be­stä­ti­gen bereits massive Kom­mu­ni­ka­ti­ons­män­gel, wahr­schein­lich sogar eine fehlende oder pa­ra­ly­sier­te Führung der Ver­an­stal­tung als ganz­heit­li­cher Komplex. Bereits Mitte der 90er Jahre hat eine Analyse von ISG mbH Berlin ergeben, das damals 6 an einer Schutz­auf­ga­be ein­ge­setz­te Si­cher­heits­diens­te nicht wirksam zu­sam­men­ar­bei­ten können, selbst wenn sie wollten. Das liegt nicht primär am Wett­be­werb, sondern am fach­li­chen Un­ver­mö­gen des Personals, bedingt durch die nied­rigs­ten Ver­gü­tun­gen, Sub­un­ter­neh­mer­struk­tu­ren und an­spruchs­lo­se rechtlich ge­for­der­te Vor­aus­set­zun­gen an Un­ter­neh­mer, Füh­rungs­per­so­nal und Si­cher­heits­kräf­te.

Grundsatz ist, das jede Ver­an­stal­tung mit Massen auch zu Mas­sen­pa­ni­ken führen kann. Zu dieser Fest­stel­lung bedarf es keiner Spe­zia­lis­ten. Das hat gläubige Menschen in Mekka genauso betroffen wie Ju­gend­li­che in Dis­ko­the­ken bei Brand­aus­brü­chen oder Hoch­zeits­ge­sell­schaf­ten. Eine Kern­auf­ga­be des Si­che­rungs­kon­zep­tes besteht darin, alle Panik aus­lö­sen­den Be­din­gun­gen zu erkennen und zu be­sei­ti­gen und Panik be­güns­ti­gen­de Be­din­gun­gen zu mi­ni­mie­ren, zu kon­trol­lie­ren und vor­be­rei­tet zu sein. Spe­zia­lis­ten sind gefragt, wenn es im Rahmen der Ge­fähr­dungs­ana­ly­se um die Be­stim­mung der Panik aus­lö­sen­den und Panik be­güns­ti­gen­den Be­din­gun­gen geht. Panik aus­lö­sen­de Be­din­gun­gen, die sich nicht voll­stän­dig be­sei­ti­gen lassen, können nur zum Verzicht auf eine Ver­an­stal­tung führen. Es ist somit eine zu be­ant­wor­ten­de Frage, ob die Aus­gangs­be­din­gun­gen dieser Love­Pa­ra­de bereits feh­ler­haft bewertet wurden. Das betrifft u. a. die Anzahl und die Art der zu er­war­ten­den Besucher, aber auch den Charakter der Ver­an­stal­tung als permanent laut und al­ko­ho­li­siert, womit viele klas­si­sche Re­gu­lie­rungs-​ und In­for­ma­ti­ons­maß­nah­men aus­schei­den. Wurde das nicht erkannt oder kompetent als Bedingung Grundlage des Si­cher­heits­kon­zep­tes, sind zwangs­läu­fig alle Fol­ge­maß­nah­men defizitär oder feh­ler­haft.

Die Si­cher­heits­kon­zep­ti­on der Love Parade hat die Prüfung 2010 nicht bestanden. Und Jeder, der darin in­vol­viert war und seine Hand­lun­gen davon ab­ge­lei­tet hat oder seine Hand­lungs­kon­zep­te darauf aufgebaut und nicht die Umsetzung ver­hin­dert hat, trägt eine Mit­ver­ant­wor­tung. Es wurden Be­we­gun­gen und Ent­wick­lun­gen zu­ge­las­sen, die zwei­fels­frei Panik be­güns­ti­gend waren und bereits präventiv zu ver­hin­dern gewesen wären. Dazu zählt auch das Erkennen und die Reaktion auf La­ge­ver­än­de­run­gen und kon­zep­tio­nel­le Mängeln und sei es mit ho­heit­li­chen Mitteln. Al­ler­dings kann man nur einsetzen, was man präventiv auch vor­be­rei­tet hat und das war wohl zu wenig oder nur bedingt geeignet. Auch die fa­den­schei­ni­gen Hinweise auf vor­ge­brach­te "Bedenken" ändern nichts. Im Gegenteil, danach haben Sach­kun­di­ge ohne Aus­schöp­fung rechts­staat­li­cher Mittel das Unheil billigend kommen lassen. Die Eignung des Ver­an­stal­tungs­or­tes wäre wohl nunmehr mit zuerst zu ana­ly­sie­ren und auf dieser Grundlage die Ent­schei­dun­gen zur Sicherung der Be­we­gungs­räu­me, Zu- und Ab­gangs­we­ge und vor­ge­se­he­nen Flucht­we­ge ein­schließ­lich der viel­fäl­ti­gen nicht ge­si­cher­ten und damit Panik be­güns­ti­gen­den Treppen, Hänge und lü­cken­haf­ten Ab­sper­run­gen.

Zur Kritik von Teil­neh­mern am Pa­nik­ma­nage­ment der Polizei gibt es bisher nur ab­weh­ren­de Stel­lung­nah­men und die Un­ter­stel­lung (?), dass bereits relevante Daten gelöscht wurden. Hinweise, dass die Ver­mas­sung durch immer neue in den Tunnel gedrängte Besucher befördert wurde, sind zu un­ter­su­chen. Hier geht es um die Umsetzung der Si­cher­heits­kon­zep­ti­on und von an­er­kann­ten Hand­lungs­grun­dät­zen bei Groß­ver­an­stal­tun­gen.
Und natürlich geht es auch um die Eignung des Si­cher­heits-​ und Ord­nungs­per­so­nals, wozu es klare recht­li­che Re­ge­lun­gen gibt. Davon hört man al­ler­dings noch sehr wenig, wohl gab es zu viele Sub­un­ter­neh­men, typisch in Deutsch­land aus Kos­ten­grün­den. In einem öf­f­ent­lich zu­gäng­li­chen ein­ge­grenz­ten privaten Haus­rechts­be­reich schwer zu glauben, dass nur die Polizei die Ver­ant­wor­tung hatte. Private Si­cher­heits­kräf­te müssten beim Charakter dieser Ver­an­stal­tung den ge­wer­be­recht­li­chen Be­stim­mun­gen des § 34a GewO ent­spre­chen und min­des­tens die IHK-​Sach­kun­de­prü­fung nach­wei­sen, die all­der­dings keine dienst­kund­li­chen Kennt­nis­se und Fä­hig­kei­ten fordert. Das Personal muss vor Ort ein­ge­wie­sen werden, Hand­lungs­va­ri­an­ten müssen in einer Dienst­an­wei­sung vorliegen, die für die privaten Si­che­heits­kräf­te gilt. Letztlich geht es um die prak­ti­sche Umsetzung eines Si­cher­heits­kon­zep­tes vor und während einer Ver­an­stal­tung.
Eine Fort­set­zung liegt wohl nun in den Händen der Staats­an­walt­schaft, Schluss­fol­ge­run­gen bei der Politik, der Polizei, den privaten Si­cher­heits­dienst­leis­tern und po­ten­ti­el­len Ver­an­stal­tern. (erstmalig 25.07.2010)